Das Steueroasenabwehrgesetz gewinnt für die Praxis weiter an Bedeutung. Ursprünglich zu Beginn der Jahres 2022 in Kraft getreten, fand das Steueroasenabwehrgesetz in der alltäglichen Beratungspraxis zunächst noch weniger Beachtung. Mit der Aufnahme von Russland in die Liste der betroffenen Länder ab dem 1. Januar 2024 wird das Gesetz zukünftig häufiger Einzug in den Beratungsalltag finden.
In dem folgenden Beitrag sollen die Auswirkungen des Steueroasenabwehrgesetzes beispielhaft im Zusammenhang mit Geschäftsbeziehungen zu Russland kurz skizziert werden:
Verschärfte Hinzurechnungsbesteuerung
Unterliegen die Einkünfte einer in Russland belegenen Tochtergesellschaft einer Besteuerung von weniger als 15% greift ab dem 1. Januar 2024 die verschärfte Hinzurechnungsbesteuerung. Die verschärfte Hinzurechnungsbesteuerung hat vereinfacht dargestellt zur Folge, dass sämtliche Einkünfte einer in Russland belegenen und niedrig besteuerten Tochtergesellschaft auf der Ebene des deutschen Gesellschafters hinzugerechnet und dort der Besteuerung unterworfen werden. Für die Beurteilung einer Niedrigbesteuerung (weniger als 15% Steuerbelastung) ist der effektive Steuersatz maßgebend. Dieser berechnet sich anhand des Verhältnisses der tatsächlich entrichteten Steuer zu der nach deutschen Gewinnermittlungsgrundsätzen abgeleiteten Bemessungsgrundlage.
Quellensteuermaßnahmen
Bei Vorliegen folgender Geschäftsbeziehungen sind die inländischen Geschäftspartnerinnen und -partner verpflichtet, einen Steuerabzug in Höhe von 15% zuzüglich Solidaritätszuschlag von den gesamten Einkünften einzubehalten und an den deutschen Fiskus abzuführen:
- Erbringung von Dienstleistungen gegenüber in Deutschland ansässigen Personen,
- Handel mit Waren oder Dienstleistungen gegenüber in Deutschland ansässigen Personen,
- Vermietung und Verpachtung oder der Veräußerung von Rechten, die in ein inländisches öffentliches Buch oder Register eingetragen sind,
- Einkünfte aus Finanzierungsbeziehungen gegenüber in Deutschland ansässigen Personen.
Nichtanwendung von Doppelbesteuerungsabkommen
Vorteile aus den Doppelbesteuerungsabkommen werden nicht gewährt („qualifizierter Treaty-override“ gem. § 1 Absatz 3 Satz 2 StAbwG). Daraus folgt unter anderem, dass es bei einer Ausschüttung aus Russland zu einer höheren Gesamtsteuerbelastung kommen kann.
Erhöhte Mitwirkungspflichten
Steuerpflichtige haben über Geschäftsbeziehungen mit verbundenen Unternehmen in den jeweiligen Staaten umfangreiche Aufzeichnungen zu erstellen und diese – ohne Aufforderung – innerhalb eines Jahres nach Ablauf des Geschäftsjahres an die Finanzverwaltung zu übermitteln. Hierbei müssen detaillierte und umfangreiche Aufzeichnungen zu den Geschäftsbeziehungen erstellt werden. Insbesondere müssen die Aufzeichnungen die Geschäftsbeziehung, die zugrundeliegenden Verträge, die ausgeübten Funktionen und die Markt- und Wettbewerbsverhältnisse beschreiben. Die Aufzeichnungen müssen spätestens ein Jahr nach Ablauf des betreffenden Kalender- bzw. Wirtschaftsjahres erstellt und an das zuständige Finanzamt sowie an das Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) übermittelt werden.
Ab dem 1. Januar 2026 folgen weitere Maßnahmen bei Gewinnausschüttungen und Anteilsveräußerungen. Gemäß § 8b KStG und Entlastungen entsprechend den Doppelbesteuerungsabkommen finden keine Anwendung. Steuerbefreiungen und Steuerermäßigungen nach deutschem Steuerrecht werden aufgehoben. Dividenden und Veräußerungsgewinne aus der Veräußerung von Anteilen an einer russischen Kapitalgesellschaft unterliegen in Deutschland vollumfänglich der Besteuerung.
Ab dem 1. Januar 2027 erfolgt ein Verbot des Betriebsausgaben- und Werbungskostenabzugs aus Geschäftsvorgängen mit Partnerinnen und Partnern, die in Russland ansässig sind. Zudem ist über Geschäftsbeziehungen mit in Russland ansässigen verbundenen Unternehmen, aus denen ein Betriebsausgabenabzug in Deutschland resultiert, eine DAC6-Meldung erforderlich.
Alle aufgeführten Maßnahmen gelten auch für die übrigen Länder wie beispielsweise Fidschi, Samoa oder Panama, die von dem Steueroasenabwehrgesetz umfasst sind.
Hannes Hellfeuer | TLI Steuerberater